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24. März 2007
Interview mit Valon Behrami
Immerhin, sagt Valon Behrami, hätte er gegen die starken Jamaikaner eine Halbzeit spielen dürfen. "Sonst reicht es mir nur in Italiens Serie A für neunzig Minuten."
Valon Behrami, 22, ist Stammspieler bei Lazio Rom, einer der besten seines Teams. Doch in der Schweizer Nationalmannschaft hat er bisher keinen Platz gefunden, er bleibt ein Ersatzspieler. Die Enttäuschung überspielt er mit Sarkasmus.
"Hat Ihnen Trainer Köbi Kuhn nie erklärt, wieso Sie nicht öfters spielen dürfen?"
"Nein, hat er nicht."
"Wieso fragen Sie ihn nicht?"
"Ich bin mir anderes gewohnt. Bei Lazio Rom ist es der Trainer, der auf die Spieler zugeht und sagt, was er von ihnen erwartet."
"Jeder Trainer ist anders."
"Der Trainer muss den Spielern erklären, was er von Ihnen will. Nicht umgekehrt."
"Sie zeigen in der Nationalmannschaft selten jene Leistungen, für die sie in Italien viel Lob bekommen."
"In Italien vertraut mir der Trainer. Ich fühle mich von ihm geschätzt und kann mir auch mal einen Fehler erlauben. Ich brauche dieses Vertrauen, um gut spielen zu können."
"Sie sind ein Freund von Johann Vogel. Ist das ein Nachteil?"
"Es war früher kein Vorteil, jetzt hoffe ich, dass es kein Nachteil ist."
"Vogel ist weg. Was ist anders seither?"
"Alex Frei ist Captain."
"In Italien werden Sie als Profi vom Klub abgeschottet, in der Nationalmannschaft stehen Sie den Medien täglich zur Verfügung. Wie ist das?"
"Wollen Sie eine ehrliche Antwort?"
"Ich bitte darum."
"Es ist lächerlich. Wir müssen ständig zur Verfügung stehen, der grossen Tageszeitung wie dem lokalen Radiosender. Jeder Spieler setzt sich an einen Tisch mit seinem Namensschild darauf. 23 Spieler, 23 Tische. An einzelnen Tischen drängen sich Dutzende von Journalisten um einen Spieler herum, an anderen Tischen drehen Spieler Däumchen. Für Letztere kann das demüdigend sein."
"Ist es demütigend für Sie?"
"Sie sitzen ja jetzt bei mir."
"Italienische Journalisten können gnadenlos sein in ihren Spielanalysen."
"Damit habe ich kein Problem. Mich persönlich stört die Famileinstimmung in der Schweizer Nationalmannschaft viel mehr. In Italien sind die Rollen ganz klar verteilt: hier die Spieler, dort die Medien. Bin ich mit der Schweizer Nationalmannschaft unterwegs, habe ich immer das Gefühl, wir seien auf einer Schülerreise oder auf einem Familienausflug. Alle kennen sich, klopfen sich kumpelhaft auf die Schultern, das wäre in Italien unmöglich."
"Was ist schlimm daran, wenn man sich kennt und freundlich grüsst?"
"Es wäre nichts daran auszusetzen, würden wir uns auf dem Rasen wieder auf unsere Aufgaben konzentrieren. Mit der Nationalmannschaft habe ich oft das Gefühl, dass wir für die Journalisten spielen und nicht für die Fans oder für uns selbst, für die Mannschaft. In Italien ist das umgekehrt."
"Sie haben ein sehr romantisches Bild von Italien."
"Mag sein, aber das Bild, dass ich von der Schweiz habe, ist sehr real. Es gibt immer Situationen im Spiel, wo man sich über ein schlechtes Zuspiel ärgert und den Mitspieler anschreit. Das ist nicht bös gemeint, das gehört zum Spiel. Verliert man in der Nationalmannschaft aber mal kurz die Nerven, wird man von den Mitspieler sofort ermahnt. Man muss immer kontrolliert bleiben, ruhig sein, die Journalisten könnten es sehen."
"Soviel Macht hat unserem Berufsstand seit Montesquieu keiner mehr zugeschrieben."
"Lachen Sie nur. Ich lache auch. Aber eigentlich ist's zum Heulen."
"Werden Sie gegen Kolumbien durchspielen?"
"Weiss ich nicht, ich habe die Zeitungen heute noch nicht gelesen."
März 24, 2007, 12:40 vorm.
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Kommentare
ich finds auch unglaublich warum junge spieler schlecht macht, wenn sie eh schon unsicher ist. man muss behutsam an die ganze sache rangehen und die spieler aufbauen.
Kommentiert von: Flüge USA | 15.01.2010 17:30:57
ich bin mir nicht sicher, ob das interview ein satirischer fake ist.
sollte es stimmen, ist es mutig von ihm solche aussagen zu machen. er könnte damit gleich vogel folgen...
es herrschen offenbar katastrophale zustände. langsam sehe ich schwarz für die em!
Kommentiert von: eric | 25.03.2007 22:54:38
Behrami`s Feststellungen entsprechen den meinen.
als normaler Tourist bin ich mit der Presse nach Florida mitgereist. Ich verfolge das Geschehen als Zaungast und sehe Dinge, welche den Pressehajen wohl gar nicht mehr auffallen. Aber offenbar verschiedenen Spielern. Es war am Di., mein erstes Rendevouz mit der ganzen Meute. Ganz hinten rechts hockte Inler, kaum einer interessierte sich für ihn. Er war schon beinahe dankbar, mir ein Autogramm geben zu können. Weiter vorne und ebenso alleine Streller und ein Degen Brother, immerhin haben sie sich zu einem gemeinsamen Tisch zusammen gefunden. um Typen wie Müller oder Frei bemüht sich fast ein jeder der mitgereisten Presse. Und täglich. Wer ein Tor schiesst oder gut spielt, der rückt in den Mittelpunkt vor. So wie im heutigen Training sich auf einmal alle um Vonlanthen bemühten. (morgen geht es gegen seine alte und meine neue Heimat.) Andere wiederum geraten ins abseits. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses ganze Prozedere für den einen oder andern zermürbend sein kann. Längst wird nicht auf alle Rücksicht genommen. (oder Walter? Ein Hotel ohne ein einziges Raucherzimmer…) ein weiterer Punkt, den auch mich stört. Manchmal kann man das Gefühl bekommen, dass gewisse Zeitungen auf einen Teil des Geschehens einfluss nehmen können. Man kennt sich tatsächlich so gut wie auf einer Familienreise. Und Abends am Stammtisch der Presse, da werden schon beinahe neue Opfer gesucht, auf dessen Füsse man treten könnte. Für einen Aussenstehenden ist diese Reise super interesannt, aber ob sie für die beteiligten Nationalspieler ideal ist, dass kann ich nicht beurteilen. Möchte ich auch nicht. (bin ja nach wie vor ein Fremder und kann mich nur selten mit der „Familie“ (Nati) unterhalten.
Was nützt hier ein Kommunikationsberater? Was hier fehlt ist die Ruhe. Trainingsplatz: 30 Spieler und Trainer auf dem Platz und rundherum 40-50 Typen von der Presse, welche das Geschehen verfolgen. Ist da ein Ausraster erlaubt?
Vergleichen wir es mit Kolumbien: eine Fernseh- und eine Radio Equippe. Eine Hand voll Presseleute. Die Schweiz liegt 11 Flugstunden entfernt. Kolumbien 3….
Kommentiert von: Don-Pedro | 24.03.2007 21:05:21
Es kann doch nicht das Ziel sein, junge Spieler so zu demotivieren. Man stelle doch bitte dem Herrn Kuhn endlich einen Kommunikationsberater zur Seite. Alex Frei wird den Mumm haben, Herrn Kuhn auf Probleme aufmerksam zu machen. Hoffentlich nicht nur auf seine eigenen.
Kommentiert von: nobilissa | 24.03.2007 17:40:52
Das tönt echt frustriert. Wenn man das Kommunikationsflair von Alpöhi Köbi Kuhn kennt, verständlich. Hoffentlich bleiben zuletzt nicht nur noch spielerisch zweitklassige Pfadfinder übrig, die vertreuensselig ihrem Führer ins Fiasko folgen.
Kommentiert von: Ibis | 24.03.2007 15:36:31
behrami's aussagen sind klar und deutlich. er ist wohl ähnlich ehrgeizig und professionel wie vogel. wann passiert, was passieren muss? alle beteiligten wissen es, keiner (ausser vogel) traut es zu sagen: köbi muss weg! sofort. zlocower und lämmli auch. sofort. das sind ja zustände, meine fresse...
Kommentiert von: henrik | 24.03.2007 15:23:27
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