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31. März 2007

Wieso erst jetzt?

Frage: Wieso wird das Interview von Valon Behrami ausgerechnet jetzt vom "Blick" zu einem Fall Behrami aufgebauscht?
Das Interview ist seit einer Woche auf diesem Blog (und wurde auch vom Blogger Marcel Siegenthaler, vor einer Woche noch Sportchef von "Blick" und "Sonntagsblick", gelesen - bis gestern ohne Konsequenzen).
Ein Tipp an Köbi Kuhn: Stellen Sie sich die Frage auch.

März 31, 2007, 04:47 nachm.
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Behrami: Respekt, Mann!

Es wäre einfach gewesen für Valon Behrami zu sagen, er hätte es nicht so gemeint, oder nicht ganz genau so, oder überhaupt nicht. Stattdessen bestätigte er gestern im "Blick", was er mir vor einer Woche in diesem Blog gesagt hatte - und jetzt (quasi mit siebentägiger Jetlag-Verzögerung) für gehörigen Wirbel sorgt. Nämlich, dass ihm die Harmoniesucht in der Nationalmannschaft auf den Keks gehe, dass er das Gefühl habe, die Spieler würden in erster Linie für die Journalisten spielen und vieles mehr. Alles nachzulesen in der aktuellen "Weltwoche" (und in ausführlicher Version in diesem Blog: "Interview mit Valon Behrami" vom 24.3. 2007).

Man kann über die Einschätzungen Behramis geteilter Meinung sein. War es geschickt von ihm, mit mir darüber zu reden? Naiv? Verantwortungslos? Blerim Dzemaili gibt sich nicht erstaunt: Ja, er habe gewusst, dass es Valon stinke und er keine grosse Lust habe, als Profi bei einem "Schuelreisli" mitzumachen. Hätte Behrami schweigen sollen? Doch wozu sind Medientermine da, wenn man mit den Medien nicht reden darf? Reden schon, aber nichts sagen? Natürlich, er hätte das Gespräch mit Kuhn suchen sollen, doch wer sagt, dass er das nicht versucht hat und kein Gehör fand?

Drei Erkenntnisse aus der Affäre Behrami:
1. Der Spieler ist erst 21 Jahre alt, aber er knickt nicht ein. Er steht auch jetzt zu seinem Wort, mit allen Konsequenzen, die das für ihn haben könnte. Respekt, Mann!
2. Vielleicht knickt er am Wochenende nach dem Gespräch mit Köbi Kuhn doch noch ein, weil er sich seine Chancen auf die EM 2008 nicht verspielen will, was Punkt 1 aufheben, das Problem aber nicht lösen würde. Charakterleute braucht der Trainer, keine Ja-Sager. Macht die Arbeit für den Coach, zugegeben, nicht einfacher. Aber vielleicht erfolgreicher?
3. Der künstlich aufgeblähte Fall Behrami gibt Köbi Kuhn eine kurze Verschnaufpause. Er kann sich wieder über einen undisziplinierte Spieler aufregen, ihn in den Senkel stellen oder feuern, und muss dafür nicht ans Eingemachte gehen. Wieso steckt die Schweizer Nationalmannschaft in der Krise? Wegen Valon Behrami?

Fazit: Vogel wurde abgeschossen, jetzt wird Behrami versenkt. Bald geht es mit der Schweizer Harmonietruppe wieder steil bergauf. Der EM-Titel ist in Griffnähe.

März 31, 2007, 04:33 nachm.
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30. März 2007

Nichts als die Wahrheit

Hat Sportchef Marcel Siegenthaler seinen Job beim "Blick" und "Sonntagsblick" verloren, weil er in diesem Blog mitmachte? Ich war absolut felsenfest zu hundert Prozent davon überzeugt, jetzt lese ich, dass vielleicht journalistische Gründe dahinterstecken. Recherchen ergaben, dass vielleicht Marcel Siegenthaler die Antwort kennt. Ich konnte vorhin mit ihm telefonieren (er hat mir per Mail geantwortet und schon mal ein Bier offeriert).

"Marcel Siegenthaler, was ist der Grund, dass Du als Sportchef vom 'Blick' und 'Sonntagsblick' zurücktrittst?"

"Walter, sei versichert: Es hat weder etwas mit der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft noch mit deinem Blog zu tun. Und was in der Ringier-Mitteilung steht, entspricht der vollen Wahrheit: Ich verlasse den BLICK auf eigenen Wunsch. Es ist doch das Normalste der Welt, dass man ab und zu mal Lust auf etwas Neues hat. Dass ich deine Frage damit nicht beantwortet habe, ist mir natürlich bewusst. Ich fühle mich dazu aber in keiner Weise verpflichtet."

"Du stehst noch auf der Lohnliste von Riniger und erscheinst bei uns sogar im Editorial. Das ist so, als würde Johann Vogel plötztlich für die Nationalmannschaft der Ukraine spielen."

"Lohnliste - Ringier - Editorial - Weltwoche: Das tönt ja fürchterlich verspannt! Im gleichen Editorial wird neben mir auch Max Frisch zitiert und selbst 'Europa-Architekt' Helmut Kohl findet Erwähnung. Frisch und vielleicht sogar Kohl hätten wohl bemerkt, was auf deinem Blog Trash und was Realität ist. Aber damit es wirklich der Hinterste und der Letzte begreift: Ich schwöre: Es hat nichts mit der Weltwoche zu tun."

"Lieber Marcel, darf ich Dir ein Weltwoche-Mitarbeiter-Abo schenken, gibt 40 Prozent Rabatt."

"Nein, darfst du nicht. Denn: Nur weil ich Spass hatte, auf deînem Blog (der gemessen an den Kommentaren ja praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet), ein paar harmlose Bemerkungen zu platzieren, bin ich natürlich kein Weltwoche-Mitarbeiter. Und: Mich regt schon lange auf, wie erpicht gewisse Journalisten-Kollegen sind, hier und da und überall von Vergünstigungen zu profitieren. Sollte ich zum Schluss kommen, die Weltwoche sei den Abo-Preis wert, würde ich sie abonnieren - zum vollen Preis!"

P.S. Das Gratis-Bier ziehe ich selbstverständlich ein.

März 30, 2007, 08:23 nachm.
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Interview mit Johann Vogel

Gestern Abend rief mich Johann Vogel zu Hause im Zürcher Seefeld an, nachdem ich ihm über seinen Manager eine Nachricht in Spanien hatte zukommen lassen. Seit seinem Rauswurf aus der Schweizer Nationalmannschaft hatte sich Vogel zurückgezogen und nicht mehr mit den Medien gesprochen.
„Hier ist Johann Vogel.“
„Danke, dass Sie sich melden. Kann ich Sie zurückrufen, die Pasta ist am Kochen. In fünf Minuten?“
„Bis gleich.“
Es ging dann doch eine halbe Stunde, weil das Wasser in Wahrheit noch nicht kochte und die hausgemachten breiten Tagliatelle, bei meinem letzten Besuch in Rom gekauft, extrem lange brauchen, auch al dente, und der Sugo meiner Mutter...
Jedenfalls rief ich um halb elf an.
„Haben Sie was mitbekommen vom Trainingslager der Nationalmannschaft in den USA?“
„Ich habe täglich Ihren Blog gelesen und auch die Kommentare, denen ich nur zustimmen kann: einfach grossartig. Ich habe mich köstlich amüsiert. Danke im Nachhinein, auch von Seiten meiner Frau.“
„Was war Ihr Lieblingsblog?“
„Der über Marco Streller war Weltklasse: ‚In der 88. Minute bekam Marco Streller die gelbe Karte wegen einer Schwalbe im Mittelkreis. Auf so eine Idee muss man als Stürmer erst mal kommen.’“
„Sie haben die Blogs auswendig gelernt?“
„Ich hatte ja nichts anderes zu tun. Apropos Streller: Ich habe gelesen, dass er vor dem Spiel gegen Jamaika gesagt hat, er spiele für den Trainer und für Alex, den neuen Captain.“
„Das habe ich auch irgendwo gelesen.“
„Dann fragen Sie Marco das nächste Mal doch bitte, für wen er gegen Kolumbien gespielt hat. Wahrscheinlich für mich.“ (Er lacht herzhaft ins Telefon.)
„Schadenfreude?“
„Überhaupt nicht. Ich war immer stolz, für die Schweiz spielen zu dürfen, und ich wünsche meinen ehemaligen Kollegen, aber auch der Schweiz nur das Allerbeste. Es wurmt mich aber umso sehr, dass mein Rauswurf der Mannschaft offensichtlich nichts gebracht hat. Hätte Herr Kuhn super Spiele hingelegt, dann wäre es für mich, paradoxerweise, viel einfacher, seinen Entscheid heute zu akzeptieren. Dann hätte ich einsehen müssen, dass er im Interesse der Schweizer Nationalmannschaft wahrscheinlich doch richtig gehandelt hat.“
„Als Köbi Kuhn Sie am vergangenen 8. März anrief, um Ihnen mitzuteilen, dass er fortan auf Sie verzichten würde, dachten Sie, er gratuliere Ihnen zum Geburtstag. So haben Sie es jedenfalls dem 'Tages-Anzeiger' erzählt. Stimmt das?“
„Das stimmt, ja. Herr Kuhn hatte sich die letzten acht Monate nicht mehr bei mir gemeldet, immer war ich es, der den Kontakt suchte. Als er mich einen Tag vor meinem 30. Geburtstag anrief, war ich erfreut und dachte wirklich, er würde mir gratulieren.“
„Als seine Stimme besorgt klang, dachten Sie, er würde Ihnen mitteilen, dass er leider sein Traineramt zur Verfügung stellen muss. Das war kein Witz, das dachten Sie wirklich?“
„Kein Witz: Ich war überzeugt, er schmeisst alles hin.“
„Wieso haben Sie das gedacht?“
„Weil ich schon lange gemerkt hatte, dass Herr Kuhn keine Lust mehr hat auf den Job. Früher sprach er oft mit den Spielern, er ging sie im Ausland besuchen. Seit der WM in Deutschland ist bei ihm das Feuer weg. Das hat mir übrigens auch Erwin Zogg bestätigt, der ihm sehr nahe steht.“
„Erwin Zogg, der persönliche Berater von Köbi Kuhn? Kann ich mir nicht vorstellen.“
„So ist es aber. Erwin kam mich in Sevilla besuchen. Das war vor dem Brasilien-Spiel. Bei dieser Gelegenheit hat er mir das gesagt.“
„Wieso sollte Köbi Kuhn keine Lust mehr haben auf den Job?“
„Weil er vielleicht gemerkt hat, dass er der Mannschaft nichts mehr bringen kann und er mit der WM-Teilnahme 2006 das Maximum erreicht hatte, für seine Verhältnisse. Herr Kuhn ist ein hervorragender Trainer, wenn es der Mannschaft gut läuft. Läuft es der Mannschaft schlecht, dann ist er keiner, der motivieren und neue Impulse geben kann. Er hätte, rückblickend betrachtet, nach der WM zurücktreten sollen.“
„Unmittelbar nach der WM konnte er doch noch gar nicht wissen, dass es der Mannschaft nicht mehr gut laufen würde. “
„Wir wussten alle, dass bis zur EM 2008 zwei schwere Jahre vor uns stehen. Zwei Jahre ohne Ernstkämpfe. Man kann sich als Profi mental noch so gut einstellen, aber der Adrenalinspiegel ist bei Freundschaftsspielen nie so hoch, wie wenn es um etwas geht.“
„Als Köbi Kuhn Ihnen am Telefon schliesslich sagte, weshalb er Sie angerufen hatte, sollen Sie gedroht haben: ‚Jetzt steige ich ins Flugzeug und tätsch dir eins.“ Haben Sie das so gesagt?“
„Nicht der Entscheid an und für sich, sondern die Art und Weise, wie er seinen Entscheid gefällt hatte, sich nur auf Gerüchte basierend, brachte mich in Aufruhr. Es fielen harte Worte.“
„Was für Gerüchte?“
„Lassen Sie mich festhalten, dass ich nicht stolz darauf bin, wie ich reagiert habe. Ich war aufgebracht, masslos enttäuscht, dass mich der Trainer einfach so, ohne jegliche Vorwarnung, entsorgte, immerhin spielte ich zwölf Jahre für die Schweizer Nationalmannschaft, 94 Länderspiele, die letzten 26 bis zum Spiel gegen Östereich im letzten Oktober als Captain ohne Niederlage, abgesehen vom Barrage-Spiel gegen die Türkei, das letztlich aber auch ein Sieg war. “
„Von welchen Gerüchten sprechen Sie?“
„Herr Kuhn sagte, er hätte von vertraulicher Quelle erfahren, ich würde behaupten, mit ihm als Trainer werde die Schweiz keinen Erfolg mehr haben. Die vertrauliche Quelle war der ‚Blick’. Ich sagte: ‚Trainer, wem glauben Sie, den Journalisten oder Ihrem Captain?’“
„Sie sagten vorhin, Sie hätten schon lange gemerkt, dass beim Trainer das Feuer aus war. Mit anderen Worten: Sie wussten, dass die Nationalmannschaft mit Köbi Kuhn keinen Erfolg mehr haben kann. So falsch lag die vertrauliche Quelle also nicht.“
„Ich war und bin überzeugt, dass die Nationalmannschaft keinen Erfolg haben kann, wenn sich nicht alle, inklusive Trainer, einen Ruck geben. Ich habe das nicht nur, aber auch auf den Trainer bezogen. Jeder ist gefordert, auch Herr Kuhn.“
„Was sagen Sie zur Wahl Ihres Nachfolgers, Alex Frei?“
„Es ist der Entscheid des Trainers.“
„Sie hoffen immer noch, an der EM im kommenden Jahr dabei zu sein’“
„Im Moment habe ich nicht viel Grund zu Optimismus: Aber ich glaube daran, ja.“
„Mit Köbi Kuhn als Trainer?“
„Das glaube ich eher nicht.“

März 30, 2007, 03:33 nachm.
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Gar nicht lustig

Lieber Marcel Siegenthaler
Du hast heute Deinen Job als Sportchef von "Blick" und "Sonntagsblick" verloren, weil Dich meine Kollegen im Zürcher Hauptstadtbüro im Editorial der "Weltwoche" zitiert haben.
Das finde ich im Fall gar nicht lustig. Dass auch Köbi Kuhn bald entlassen wird, ist ein schwacher Trost.
Aber im Ernst: Ich finde es als Kollege wirklich nicht lustig.
Kopf hoch, lieber Marcel. And take care.
Herzlich, Walter
P.s. Dass Deine Ex-Kollegen vom "Blick" mich in der aktuellen Ausgabe vom Freitag - als Gegengeschäft sozusagen - ebenfalls ausführlich zitieren, finde ich fair. Unfair ist, dass ich nicht namentlich erwähnt werde. Dabei sind die Zitate von Valon Behrami, die alle von mir stammen, viel, viel länger als Dein Zitat bei uns in der "Weltwoche". Enttäuscht bin ich auch, wenn ich ehrlich sein darf, dass Deine Ex-Kollegen erst jetzt gemerkt haben, was Valon Behrami schon letzte Woche in diesem Blog gesagt hat. Hast Du ihnen nichts davon erzählt? Das Stillschweigeabkommen von Köbi Kuhn gilt - theoretisch seit 2001 - nur für seine Spieler (an das sich - praktisch seit 2001 - niemand hält), aber doch nicht für uns Journis!
Dass ich ein Vogel-Intimus, also intim mit Vogel bin, wie Deine Ex-Kollgen behaupten, findet meine Frau übrigens gar nicht lustig.

März 30, 2007, 12:04 vorm.
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29. März 2007

Plötzlich viel jünger

Tschuldigung. Die EM in Portugal fand natürlich erst vor drei Jahren statt und nicht schon vor fünf wie im letzten Blog leichtsinnigerweise von mir behauptet (und inzwischen korrigiert). Was mich auf einen Schlag irgendwie praktisch zwei Jahre jünger macht. Fühlt sich gut an. Danke - auch für die vielen Komplimente.

März 29, 2007, 02:43 nachm.
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Kleine Ehrenrettung für Pierre Benoit

Pierre Benoit, seit zwölf Jahren Pressechef, muss für alle Pannen im Schweizer Fussballverband herhalten, für die eigenen und die fremd generierten. Seit der Spuckaffäre Frei an der EM 2004 in Portugal sei die Luft für ihn dünn geworden im Verband, heisst es in der Branche. Er selber wollte sich auch in Florida nicht mehr dazu äussern: „Ich versuche meinen Job so gut wie möglich zu machen.“ Er schafft es nicht immer, wie auch die Reise in die USA zeigte.

Pierre Benoit ist ein lieber Kerl, er will es allen gut machen, den Journalisten, den Spielern und den Verbandsleuten. Das geht nicht. Dieser sympathische, wenn auch für seinen Job wenig vorteilhafte Charakterzug ist der Grund für Benoits inneren Konflikt, mitnichten die Ursache für all die medialen Pannen, für die der liebe Berner gerade stehen muss. Würde man ihn feuern, es änderte sich nichts in Seldwyla. Der Delegeirte der Nationalmannschaft Lämmli erinnert nur dem Namen nach an Agnelli, und die Absetzung des Präsidenten Zloczover hatte seinerzeit schon die von Andy Egli geführte Fussballergewerkschaft Profoot zurecht verlangt, vor über zehn Jahren.

Ein paar Fragen: Ist es Aufgabe des Pressechefs, dem Trainer zu sagen, dass er während einer offiziellen Pressekonferenz, auch wenn gegen eine "Gurkentruppe" ("Blick") wie Jamaika, keine Bierdose in Händen halten soll, auch nicht unter dem Tisch? Kann man es dem Pressechef anlasten, wenn der Nationaltrainer seinen langjährigen Captain feuert und die Details des Telefongesprächs noch brühwarm dem "Blick" liefert? Ist es die Schuld von Benoit, wenn Lämmli und Zloczover den Trainer öffentlich kritisieren, dann wieder verteidigen, um ihn hinten rum wieder zu kritisieren? Soll der Pressechef der Frau des Trainers verbieten, dessen Agenda zu führen? Ja, eigentlich sollte er es Donna Alice verbieten, in Zürich-Wiedikon die Pressetermine ihres Köbi zu koordinieren, und verlangen, dass alles über seine Medienstelle läuft. Aber der liebe Pierre Benoit macht es nicht und ebenso wenig würde es irgendein anderer Pressechef machen, denn Donna Alice würde es sich verbieten, dass man ihr vorschreibt, mit wem ihr Köbi reden darf und mit wem nicht.

Die Affäre Frei an der EM 2004 war der mediale Super-Gau schlechthin. Benoit wusste, dass Frei seinen Gegenspieler angespuckt hatte, doch er wusste auch, dass es keine Fernsehbilder dazu gab. Zumindest hatte man ihm das beim Schweizer Fernsehen so versichert. Also log er, um den Spieler zu schützen, der gesperrt worden wäre: „Nein, Frei hat nicht gespuckt.“ Jeder Pressechef in Italien oder Spanien hätte das Gleiche getan. Als das Schweizer Fernsehen die Bilder mit der Spuckszene schliesslich fand und dann auch zeigte, war Benoit der „Arsch der Nation“, wie er seinerzeit resigniert sagte. In Bern wurde er noch Wochen nach der Spuckaffäre Frei, die zu einer Affäre Benoit geworden war, von wildfremden Menschen angepöbelt. „Es war auch für meine Familie eine schlimme Zeit“, sagt Benoit. Der Mann hingegen, der gespuckt hatte, war nach der Sperre, die er nachträglich bekam, schnell rehabilitiert und ist seit dieser Woche neuer Captain der Schweizer Nationalmannschaft.

März 29, 2007, 09:54 vorm.
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28. März 2007

Gespräch mit Köbi Kuhn über das Schweigen

Bin heute in Zürich gelandet und habe erstaunt festgestellt:
Das Thema Köbi Kuhn interessiert auch hier.
Drum ein kleiner Nachtrag aus Florida.
Was eigentlich macht ein Trainer zu Beginn eines Spiels?
Er wartet, bis das Spiel zu Ende ist.
Auszüge aus einem Gespräch, das ich mit dem Coach in Miami führte:
"Herr Kuhn. Wie greifen Sie ins Spiel ein, wenn's nicht läuft?"
"Ich kann Spieler einwechseln."
"Es gibt Trainer, die geben Anweisungen."
"Die gebe ich auch, vor dem Spiel."
"Und wenn das Spiel begonnen hat?"
"Dann warte ich, bis es zu Ende ist."
"Klingt ganz überschaubar, als Arbeit."
"Die Arbeit hört bei mir beim Anpfiff auf. Das Spiel ist ein Resultat dieser Arbeit. Ich halte nichts davon, den Spieler während des Spiels Anweisungen zu geben. Sie wissen selber, was sie richtig machen und was nicht."
"Und wenn's die Spieler erst nach dem Spiel merken?"
"Als Spieler ertrug ich es nicht, wenn der Trainer mir während des Spiels dreinredete. Abgesehen davon, dass man als Spieler selten hört, was der Trainer an der Seitenlinie sagt. Heute ist das nicht anders: Jeder Spieler weiss, was er auf dem Platz zu tun hat. Wenn nicht, dann habe ich meine Aufgabe nicht richtig gemacht. Für Grundsätzliches ist es dann zu spät."
"Sie haben die Halbzeitpause. Viele Profis schaffen es, Tee zu trinken und gleichzeitig dem Trainer zuzuhören."
"In den ersten fünf Minuten der Pause verlange ich absolute Ruhe. Die Spieler müssen runterkommen, auch geistig kurz durchatmen. Dann kann ich vielleicht ein, zwei Sachen sagen, für mehr reicht die Zeit nicht, und es würde auch nichts bringen. Als Spieler ist man in der Pause für grosse Monologe nicht empfänglich."
"Sie kauen nicht an Ihren Fingernägeln, Sie rauchen nicht und geben keine Anweisungen. Wie vertreiben Sie sich so Ihre Zeit bis zum Spielende?"
"Ich überlege mir, was ich beim nächsten Spiel anders machen muss."
"Und während des nächsten Spiels denken Sie ans übernächste?"
"Ich kann mich nur wiederholen: Wenn das Spiel begonnen hat, ist es zu spät, grundsätzlich etwas zu ändern."
"Haben Sie Spass an Ihrem Job?"
"Ja."

März 28, 2007, 09:21 nachm.
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27. März 2007

Degen-Zwillinge: am und mit dem Ball

Die Behauptung, die Degen-Zwillinge teilten sich ein Hirn, finde ich unfair.
Philipp und David Degen sind immer zu Scherzen aufgelegt, aber sie tuns mit Augenmass. Während des Trainingscamps in den USA habe ich die 24-Jährigen zudem als äusserst freundliche Brüder erlebt.
Ein liebgewordener Kollege behauptet, die Zwillinge würden während ihrer Heimaturlaube eine Turnhalle mieten, um dort mit alten Freunden des FC Oberdorf zu spielen. Welcher Profi macht das schon? Das Risiko einer Verletzung einzugehen, um mit alten Kumpels Spass zu haben? Wirkt halbschlau, zugegeben, aber ist doch auch sympathisch, nicht?
Ich habe Philipp die letzte Woche im Training beobachtet. Er ist Profi bei Borussia Dortmund, und ich habe David beobachtete, er ist Profi bei Borussia Mönchengladbach. Ich könnte nicht sagen, wer besser ist von beiden, und das hat nicht damit zu tun, dass ich nicht weiss, wem ich jeweils die Hand reiche.
Am Ball können die beiden alles. Seit dem Trainingscamp in den USA weiss ich: Schaffen es die sympathischen Brüder dereinst, nicht nur am, sondern auch mit dem Ball alles zu machen, dann werden sie ganz grosse Fussballer.

März 27, 2007, 04:49 nachm.
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Pech, dabei zu sein

Vielleicht ist Lösung für die schlechten Spielen ja aber auch ganz einfach: die Schweiz hat das Pech, sich das EM-Ticket nicht erkämpfen zu müssen.
Also warum nicht freiwillig aufs Gratisticket verzichten?
Geht vielleicht nicht mehr, wahrscheinlich, oder?
Dann wird es schwierig.

März 27, 2007, 03:45 nachm.
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